Michael Vogt und Sandro Michel in Aktion am Start. Bild: Keystone/SEBASTIAN KAHNERT 

Am Wochenende startet der Ausserschwyzer Bobpilot Michael Vogt zum letzten Rennen vor den Olympischen Spielen. Zeit für eine Zwischenbilanz sowie einen Ausblick.

von Franz Feldmann

Kaum hat die Bobsaison im Weltcup begonnen, schon ist sie bald wieder vorbei. Am Wochenende findet in St. Moritz der Weltcupabschluss mit zwei Rennen statt. Der Wangner Bobpilot Michael Vogt ist direkt von Winterberg ins Engadin gereist. «Schon in Winterberg hatten wir viel Schnee, und auch in St. Moritz haben wir traumhafte, winterliche Verhältnisse», schwärmt der Schwyzer. Auch wenn er während des Rennbetriebs naturgemäss nicht viel von der herrlichen Umgebung in Graubünden wahrnimmt, so geniesst Vogt während der Begehung der Bahn die traumhafte Aussicht auf die Engadiner Berge.

«Es ist immer schön, wenn ich zu Hause in der Schweiz fahren kann», so Vogt. «Auf der anderen Seite muss man wissen, dass wir keinen eigentlichen Heimvorteil auf der Bahn haben, denn wir kommen nicht auf mehr Trainingsfahrten als unsere internationale Konkurrenz.» Dies ist darin begründet, dass in Celerina die einzige Natureisbahn der Welt steht. Da können logischerweise im Sommer keine Trainingsfahrten gemacht werden, so wie dies in anderen Ländern auf Kunsteisbahnen möglich ist. «Trotzdem ist es schön, vor vielen bekannten Gesichtern, Freunden und der Familie fahren zu dürfen.» Diese Tatsache, so hofft Vogt, kann ihm am kommenden Wochenende einen Extraschub bringen. Auch kann er auf die Unterstützung der Bahnarbeiter zählen.

Vogt fährt gerne im Engadin. «St. Moritz ist schon eine eigene Liga. Im Vergleich zu anderen Eiskanälen ist die Bahn hier im Engadin Wellness pur», lacht der Märchler. Die Fahrt sei im direkten Vergleich zu Winterberg von oben nach unten «gemütlich» mit einem hohen Tempo zum Schluss. «Das macht auf der Natureisbahn mega viel Spass.»

Nur die Olympischen Spiele zählen

So kurz vor dem Ende der Weltcupsaison gilt es auch schon, eine erste Bilanz zu ziehen. «Im Grossen und Ganzen bin ich im Zweier- wie auch im Viererbob zufrieden.» Eine Bilanz, die, wenn man von aussen nur die nackten Resultate anschaut, eher ernüchternd ausfällt. Vor allem im kleinen Schlitten, der tendenziell stärkeren Disziplin des 24-Jährigen. Er startete mit einem 7. Rang in Innsbruck,
danach folgten in schöner mathematischer Reihenfolge ein
8., ein 9. und ein 10. Platz. In Sigulda kam Vogt nicht über den 13. Rang hinaus. Ein Abwärtstrend, der in Winterberg mit einem 9. Rang gestoppt wurde.

Michi Vogt zieht daraus eher positive Schlüsse: «Für uns war es sehr wichtig, dass wir bereits Anfang Saison in Innsbruck die Olympiaqualifikation schafften. Das gab uns die nötige Zeit, vieles auszuprobieren, zu testen. Einiges hat nicht geklappt.» Auf diese Erfahrungen will Vogt im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Peking in wenigen Wochen zurückgreifen, denn in China wird es nicht viele Möglichkeiten geben, herumzupröbeln. Dann muss alles für den grossen Saisonhöhepunkt bereit sein. Und nur darum geht es diese Saison, da verkommen die Resultate im Weltcup fast schon zur Nebensache. Einziges Ziel muss bleiben, sich innerhalb der Top 10 zu behaupten, um eine gute Startposition behalten zu können.

Das weiss Vogt, das weiss aber auch die Konkurrenz. So ist es zu erklären, dass plötzlich andere Fahrer aus eher kleineren Bobnationen plötzlich wieder auftauchen und zum Teil auch -gute Resultate im Weltcup abliefern. «Die anderen Athleten haben in der Vorbereitung im Sommer keine Ferien gemacht und haben auch Vollgas gegeben, so wie wir», ist sich Vogt bewusst. Vor allem in Ländern, wo das Geld im Bobsport noch knapper als hier in der Schweiz ist, wird praktisch nur auf die Olympischen Spiele hin hart und seriös trainiert. «Wir haben zwar im Vergleich zu den letzten Jahren sicher einen Schritt vorwärtsgemacht, die anderen aber auch.» So erklärt Michi Vogt auch die Stagnation in der Gesamtwertung – da hat er keinen grossen Schritt vorwärtsgemacht. «Viele Leute erwarten, dass ich plötzlich regelmässig auf das Podest fahre, das ist einfach nicht realistisch.» Dazu braucht es viel Erfahrung, viel Zeit und natürlich auch viel mehr Ressourcen, als dies in der Schweiz – immerhin eine ehemalige Grossmacht in dieser Sportart – für den Bobsport aktuell möglich ist.

Ein neuer Schlitten

Mit der Bobbahn in China hat das Team Vogt bereits letzten Oktober erste Erfahrungen machen können – mit der Erkenntnis, dass ein neuer Bob angeschafft werden musste. Einer, der auf dem chinesischen Eis schneller laufen soll. Das hat natürlich während der Saison laufend zu Anpassungen und auch zu Problemen geführt. Zudem sind auch Verletzungen dazu gekommen. «In einer Olympiasaison ist es ja klar, dass alle nochmals eine Schippe drauflegen, und dass manchmal über die verträgliche Grenze gegangen wird», erklärt Vogt die vielen Blessuren, die auch die anderen Teams betreffen. «Jeder will an die Olympischen Spiele, im Leistungssport läuft man oft am Limit.»

Olympisches Diplom
ist ein realistisches Ziel

So hat es auch Vogts Standardanschieber Sandro Michel in Winterberg erwischt. Erste Abklärungen haben ergeben, dass Michel einen Muskelfaserriss in der Wade erlitten hat. «Er wird in St. Moritz an diesem Wochenende sicher nicht am Start sein.» Vogt hofft, dass Michel in Peking wieder einsatzbereit ist. Dort erträumt sich der 24-Jährige insgeheim natürlich schon einen Medaillenplatz, denn nur das zählt im Leben eines Bobpiloten. «Du kannst so viele Male Weltmeister sein, wie du willst, am Schluss zählt nur die Olympiamedaille.» Das realistische Ziel ist jedoch ein Platz unter den besten Acht, ein Olympiadiplom also.

Das Heimrennen in St. Moritz wird das letzte Rennen vor dem grossen Ziel in Peking sein. Dieses will der Schwyzer noch einmal nutzen, um zusammen mit seinem Team den letzten Schliff anzubringen, einen weiteren Schritt in Richtung Konstanz zu machen. Und vielleicht hat Michael Vogt nach dem Rennen einen kurzen -Moment Zeit, die herrliche Aussicht in den winterlichen Bergen zu geniessen und damit die nötige Kraft für das grosse Ziel, die Olympischen Spiele in Peking, zu tanken.

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