Spektakulär, Samuel Camenzind auf der Anlage Mythenpark, Schwyz. Bild zvg

Der leidenschaftliche Freestyler Samuel Camenzind ist seit vielen Jahren beim Mythenpark dabei und weiss, was Freestyle ausmacht.

MIT SAMUEL CAMENZIND SPRACH JASMIN REICHLIN

Der 20-jährige Samuel Camenzind aus Rigi Kaltbad ist passionierter Freestyler und nennt den Mythenpark sein zweites Zuhause. Mit zwei Jahren stand er erstmals auf Skiern. Zwei Jahre später erlernte er das Snowboardfahren, bevor er mit sieben Jahren mit dem Freestyle begann.

Samuel Camenzind, 20 Jahre, Rigi-Kaltbad, Freestyler,
Snowboarder, Mythenpark-Mitglied, Mythenregion, Schwyz. Bild Jasmin Reichlin, Bote der Urschweiz

Was begeistert Sie am Freestyle?

Die Möglichkeit. Jede und jeder kann das machen, was sie oder er möchte. Es sind keine Grenzen gesetzt.

Welches Gefühl vermittelt Ihnen dieses Hobby?

Der Sport an der frischen Luft gibt ein Gefühl von unbeschwerter Freiheit.

Wann haben Sie den Freestyle für Euch entdeckt?

Mit sieben Jahren, als ich eigentlich mit Freestyle-Skiing beginnen wollte. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir aber keine Möglichkeit, Freestyle-Skier zu organisieren, weshalb ich dann spontan aufs Snowboard wechselte.

Wo holen Sie sich die Inspirationen für neue Tricks?

Man sieht viel auf Instagram, bei Kollegen oder in grösseren Skigebieten. Für mich persönlich kommt es weniger auf die Technik drauf an, sondern dass es möglichst gut aussieht und viel Style hat. Irgendwann begann ich beispielsweise, nur noch mit einem Fuss in der Bindung zu fahren.

Fahren viele Freestyle-Snowboarder nur mit einem Fuss in der Bindung?

Nein, das machen tatsächlich nur wenige. Aber genau das ist das Tolle am Freestyle. Man hat die Möglichkeit, etwas Aussergewöhnliches zu machen und eigene Idee einzubringen.

Was gilt es bei der Sportart zu beachten?

Abgesehen von der Ausrüstung ist es ausserdem sehr wichtig, sich vor der Fahrt bewusst zu werden, was im Park auf einen zukommt. Jedes Park-Element soll vor dem ersten Befahren in Ruhe angeschaut werden. Man macht sich ein Bild von der Situation, und erst wenn man eine konkrete Vorstellung hat, setzt man es um. Denn die grösste Gefahr liegt in der Selbstüberschätzung.

Haben Sie sich schon einmal ernsthaft verletzt?

Nein, tatsächlich nicht. Nur so Kleinigkeiten wie eine Prellung oder eine Verstauchung.

Nehmen Sie auch an Wettkämpfen teil?

Nein, nicht mehr. Zwischen dem 13. und 15. Lebensjahr war ich voll dabei. Damals habe ich die Schweizer Meisterschaft gewonnen und belegte im Weltcup den dritten Platz.

Warum fahren Sie jetzt nicht mehr bei Wettkämpfen mit?

Zum einen entschied ich mich damals gegen das Sportgymnasium Engelberg und für eine Lehre. Ein wichtiger Punkt ist zudem, dass im Freestyle immer mehr Wert auf die Technik gelegt wird und mir persönlich der Style und das Aussehen wichtiger sind als das technische «Herumgewirble» (lacht).

Wo liegt der Unterschied zwischen Style und Technik?

Anstelle eines normalen Rückwärtssaltos muss man nun vier Saltos und sieben Umdrehungen an den Tag legen, um mithalten zu können. Man befindet sich aber nicht länger in der Luft, sondern es wird einfach immer hektischer, was mir persönlich nicht zusagt. Dafür will ich an möglichst vielen Show-Events teilnehmen, an denen die Zuschauer einfach Freude am eigentlichen Geschehen haben und nicht Wert darauf legen, wie viele Umdrehungen gezählt werden.

Wie wichtig ist die Fahrtechnik für den Freestyle?

Sie ist das Fundament. Wer gut Ski beziehungsweise Snowboard fährt, hat die nötige Grundlage, um Tricks im Park zu machen.

Kann jeder Freestyle erlernen, oder braucht es dafür gegebene Fähigkeiten?

Freestyle kann auf jeden Fall jeder erlernen. Die Freestyler im Park haben auch einmal klein angefangen. Man muss Schritt für Schritt angehen.

Seit Kurzem ist der Mythenpark wieder geöffnet. Der Kanton Schwyz gehörte zu den wenigen Kantonen, welche die Snowparks lange Zeit nicht öffnen wollten. Welche Schutzmassnahmen mussten getroffen werden, damit das Unfall- und Ansteckungsrisiko auf ein Minimum beschränkt wird?

Damit der Mythenpark überhaupt öffnen konnte, haben wir ein Dossier an den Kanton und Regierungsrat eingereicht, indem unsere Schutzmassnahmen aufgelistet wurden. Dies beinhaltet unter anderem das Fahren in der Komfortzone, das Schliessen des Grillplatzes und der vereinfachte Schwierigkeitsgrad der Hindernisse. Wie bisher gilt, dass ein geschlossener Park niemals befahren werden soll und Landeplätze schnellstmöglich Verlassen werden, damit es zu keinen Kollisionen kommt.

Was bedeutet ein vereinfachter Schwierigkeitsgrad?

Das heisst, die Fall- und Sprungdistanz wurde begrenzt, und Sprünge werden möglichst als sogenannten Roller geformt. Das bedeutet, dass man am Gelände entlang fliegt und der Landungsimpact auf ein Minimum reduziert wird. Wir absolvierten zudem einen Kurs vom Bundesamt für Umwelt von der Beratungsstelle für Unfallverhütung BfU hinsichtlich sicherer Parkgestaltung.

Was bedeutet das für Sie, dass der Park wieder öffnen konnte?

Gesamthaft sind wir ein Dutzend Vereinsmitglieder. Von denen arbeiten drei bis vier Vollzeit für den Mythenpark. Anfang Saison mussten wir uns nach anderer Arbeit umschauen. Deshalb sind wir alle sehr froh, dass wir nun doch öffnen konnten. Des Weiteren können nun regionale Freestyle-Teams wieder für Wettkämpfe trainieren. Der Jugend steht wieder ein wertvolles Naherholungsgebiet zur Verfügung. Das ist sicher das grösste Geschenk, was wir dem Nachwuchs machen konnten.

Soll der Mythenparks zukünftig ausgebaut werden?

Primär versuchen wir die bestehenden Qualitäten fortzuführen. Wir sind stets bemüht neue Elemente anzuschaffen, sodass es sicher nicht langweilig wird. Der Park besteht aus bis zu 25 Hindernissen über einer Gesamtlänge von 600 Metern. Wir organisieren im Normalfall bis zu acht Events im Jahr.

Auf Instagram habt ihr die Aktion «Video oft the Week» gestartet. Welches Ziel verfolgt ihr damit?

Das ist unser einziger Event dieses Jahr, welchen wir über fünf Wochen durchführen. Dabei postet man ein Video von sich aus dem Mythenpark auf Insta- gram und vermerkt dieses mit dem Hashtag #mythenparkvideo21. Nach der Deadline jeden Montag werden alle Videos der letzten Woche vom Eventkomitee ausgewertet, und ein Gewinner wird gekürt.

Wie viel Zeit verbringen Sie im oder für den Mythenpark?

Ich verbringe rund 50 Stunden pro Woche im Mythenpark. Ich bin eigentlich nonstop dort (lacht).

Hat es im Mythenpark für jeden Schwierigkeitsgrad etwas dabei?

Ja. Es hat sowohl etwas für Einsteiger, wie auch für Fortgeschrittene dabei. Die kleinsten Elemente können auch ohne Sprünge bewältigt werden.

Kann jeder Laie den Park besuchen?

Ja, auf jeden Fall. Deshalb gestalten wir den Park auch so, dass für alle etwas dabei ist. Damit jeder ein Erfolgserlebnis verspüren kann. Jedes Jahr gibt es den Kids-Day, welchen wir allen Einsteigern empfehlen. Dort werden grundlegende Parkregeln und Fahrtipps vermittelt. Dieses Jahr wird er am 6. März stattfinden. Infos gibt auf mythenpark.ch und auf Instagram.

Wie fördern Sie den Nachwuchs?

Generell wird nachhaltig in die Talentförderung investiert. Das Freestyle- Team Schwyz bietet einen optimalen Einstieg mit guten Trainings. Für Fortgeschrittene empfiehlt sich die Central Station vom ZSSV. Ich selber bin auch Trainer beim ZSSV und fördere sehr gerne den Nachwuchs. Im Mythenpark sind diverse bekannte Fahrer gross geworden, welche zu den weltbesten Freestyle-Sportler gehören und in der Schweizer Nationalmannschaft vertreten sind. Unter anderem Jonas Boesiger, Wendelin Gauger, Nadja Purtschert, Verena Rohrer oder Luca Schuler.

Was zeichnet den Mythenpark aus?

Die Qualität. Unsere Absprünge werden exakt passend auf die Landung geformt und werden täglich frisch präpariert. Unser persönliches Anliegen ist, dass die Absprünge auch chic aussehen, sprich seitlich sauber abgestochen werden. Die Mythenpärkler kommen alle aus der Region, und wir mögen unser Skigebiet so sehr, dass wir gar nichts anderes wollen. Wir schätzen es sehr, dass wir dies überhaupt auf die Beine stellen und so viele junge Athleten zählen dürfen.

 

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