Tanja Hüberli und Nina Brunner haben die gleichen Wertvorstellungen. Sie wollen sich mit viel Freude immer weiter entwickeln. Bild: Franz Feldmann
 
Die Reichenburger Beachvolleyballerin Tanja Hüberli schaut auf ihre wohl erfolgreichste Saison zurück.

Von Franz Feldmann, Redaktion March24 & Höfe24

Mit Genugtuung schaut die Reichenburger Beachvolleyballerin Tanja Hüberli auf die vergangene Saison zurück: «Wenn ich unsere Saison anschaue, sind neunte Plätze unser schlechtestes Resultat. Das muss man zuerst einmal schaffen.» (Resultate siehe unten). Das ist dem Schweizer Team bislang noch nie gelungen. Bis anhin stand immer wieder auch ein 17. Rang auf dem Resultatblatt. Diese wunderbare Bilanz des Duos Hüberli/Betschart, das nach der Heirat von Nina Betschart nun Hüberli/Brunner heisst, widerspiegelt sich auch in der Jahresrangliste. Die Schweizerinnen belegen mit 3960 Punkten hinter den überragenden Brasilianerinnen Agatha/Duda (5280 Punkte) und hinter dem russischen Duo Makroguzova/Kholomina (4000) den hervorragenden 3. Rang. «Das hätte ich vor der Saison sofort unterschrieben, mehr wäre mir schon fast unangenehm», lacht Hüberli.

Immer wieder neu reinbeissen

Der Start ins neue Jahr war aus bekannten Gründen nicht ganz einfach. In Cancun fanden dann drei Vier-Sterne-Turniere am gleichen Ort statt. Mit zwei neunten und einem fünften Platz im Gepäck reisten Hüberli/Brunner Ende Mai nach Sotchi. Dort holten sie sich nach einer knappen 19:21/17:21-Final-Niederlage gegen die Amerikanerinnen Sponcil/Claes den zweiten Rang.

Von einem Türöffner für weitere Erfolge will Tanja Hüberli zwar nicht sprechen, gibt aber zu, dass das für das Selbstvertrauen wichtig war. «Wir haben gesehen, dass unser Spiel besser geworden ist, dass wir vieles vom Training haben anwenden können.» In einen richtigen Flow zu kommen, sei eh schwierig, da jedes Turnier wieder bei Null beginne. «Wir mussten uns in jedes Turnier wieder neu reinbeissen.» Und dann kam im Juli das Heimturnier in Gstaad. «Das war emotional recht heftig», erinnert sich Hüberli. Bis dahin wurden die Turniere praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit gespielt. Nun war es wieder möglich, Freunde und Familie auf der Tribüne zu sehen. Und das dankbare Publikum ging bei den Schweizer Auftritten im Berner Oberland regelrecht ab. «Es hat uns sehr berührt zu sehen, welche Freude die Fans hatten, endlich wieder kommen zu dürfen.»

Hüberli und Brunner in Gstaad bei der Vier-Sterne-World Tour im Juli. Bild: Franz Feldmann
«Das war emotional recht heftig.»
Tanja Hüberli, Reichenburger Beachvolleyballerin

Nicht zufrieden mit Tokio

Nach dem Auftritt in Gstaad ging es gleich weiter nach Tokio an die Olympischen Spiele. «Das war sportlich gesehen einer unserer schlechtesten Auftritte in diesem Jahr», so Hüberli selbstkritisch. Es habe sich bestätigt, was sie immer wieder gehört habe. Die erste Teilnahme sei nicht einfach, fühle sich komisch an. So vieles komme auf einen zu, was zuerst einmal verarbeitet werden müsse. «Zwar haben wir kämpferisch und teamintern eine unglaublich gute Leistung gezeigt. Rein spielerisch war es deutlich weniger gut als noch eine Woche zuvor in Gstaad. Das war schade.» Nicht geholfen hat, dass das tschechische Team wegen Corona nicht hatte antreten können, so gabs keinen guten Rhythmus. Ebenso unglücklich war, dass sie in der direkten Begegnung gegen das andere Schweizer Team Heidrich/Vergé-Dépré in den Vorbereitungen sich selbst überlassen wurden, also keine Trainer zur Verfügung hatten. «Die Umstände waren nicht ganz einfach, aber schliesslich haben wir es sportlich nicht geschafft. Da braucht es keine Ausreden.»

Für Tanja Hüberli und Nina Brunner an den Olympischen Spielen in Tokio. Bild: Andreas Eisenring

Die Olympischen Spiele nicht mehr das Allerwichtigste

Erst kürzlich wurde bekannt, dass Hüberli/Brunner bis zu den nächsten Olympischen Spielen 2024 in Paris weitermachen werden (wir berichteten). «Nach diesem Sommer bin ich davon weggekommen, die Olympischen Spiele als das Allerwichtigste einzustufen», so Hüberli, auch wenn dieser Anlass im Beachvolleyball sehr wichtig ist. «Mir ist die Freude am Spielen an den Turnieren und die tägliche Herausforderung, unser Limit zu finden, wichtiger.» Das sei ihre Motivation. «Ich schätze es sehr, tagtäglich mit meinem Team zu trainieren, mit meinen Trainern, mit meiner Partnerin Nina.» Das Ziel sei aufgrund gleicher Wertvorstellungen nicht, in drei Jahren Olympiamedaillen zu holen, sondern zusammen jeden Tag auf das Feld zu gehen und besser zu werden. «Das Feuer ist bei uns allen vorhanden.»

«Das Feuer ist bei uns allen vorhanden.»
Tanja Hüberli, Reichenburger Beachvolleyballerin
 

Die Belohnung: Europameisterinnen

Das emotional Allerschönste kam nur wenige Tage nach der Enttäuschung in Tokio. Mit einer «inneren Leere» angereist, wuchsen Hüberli/Brunner an den Europameisterschaften in Wien förmlich über sich hinaus. In einem Herzschlag-Halbfinale schien die Niederlage gegen die Deutschen Borger/Sude nach einem klaren 21:9-Erstsatzsieg beim Stande von 11:14 im dritten Satz bereits besiegelt zu sein, ehe die Schweizerinnen mit viel Willen und Glück doch noch den 16:14-Sieg holten und damit ins Finale einzogen. Dort hatte das noch eher unerfahrene holländische Team Stam/Schoon keine Chance. «Viele Freunde, unsere Familien waren in Wien, das war megaschön für uns.» Auch da haben Hüberli/Brunner wieder gemerkt, wie viel Freude es macht, das Publikum zu begeistern. Das sei viel wichtiger als eine Medaille. «Die schönste Medaille erreicht nicht den Wert unserer Erlebnisse und Emotionen» wurde nach dem Umhängen von EM-Gold sowohl Tanja Hüberli wie auch Nina Brunner klar. Und das sei doch schliesslich das Faszinierende am Sport. Genau so stuft Tanja Hüberli auch ihren Auftritt an der sportlich vergleichsweise bescheidenen Coop Beachtour in Kloten ein. Ein Turnier, das sie gewinnen konnte. «Es ist schön, wenn wir Leute für unser Spiel und unseren Sport begeistern können.»

Nina Brunner und Tanja Hüberli können es nicht fassen, als sie ihren EM-Pokale vor sich sehen. Bild: Keystone

Neue Pro Tour

An den Schweizer Meisterschaften hätten sie «recht solid» gespielt, was in Bern zum Meistertitel reichte. Um sich auf den letzten Auftritt an den World Tour Finals in Cagliari nochmals gut präsentieren zu können, legten Hüberli/Brunner noch einmal ein Trainingslager ein. «Die World Finals waren nicht schlecht, aber auch nicht besonders gut», bilanziert Hüberli. Das Glück, das sie an der EM gehabt hätten, habe in Cagliari ein bisschen gefehlt. «Aber das gehört zum Sport, das habe ich in all den Jahren gelernt.» Im nächsten Jahr wird das Welt-Beachvolleyball revolutioniert. Neu wird eine Firma die Pro Tour vermarkten. Der Zugang für Teams ausserhalb der Top-16 zu den besten Turnieren wird nicht einfach. «Das ist noch schwierig einzuschätzen», meint Hüberli. «Solange man in den Top-16 klassiert ist, ist es sicher besser. Aber vor allem für junge Teams wird es schwierig. Man wird sehen, was daraus wird.»

Resultate 2021 Hüberli/Brunner 

Das Schweizer Beachvolleyballduo klassierte sich in diesem Jahr nie schlechter als auf dem 9. Rang und belegt damit den 3. Rang im FIVB World Ranking:

1. Rang:

EM, Wien, August

SM, Bern, September

Coop Beach Tour, Kloten, Juli

2. Rang:

Sotchi, 4* World Tour, Mai

Nations Clash, Düsseldorf, Februar

5. Rang:

Cancun, 4* World Tour, Mai

Ostrava, 4* World Tour, Juni

Gstaad, 4* World Tour, Juli

7. Rang:

World Tour Finals, Cagliari, Oktober

King of the Court, Utrecht, August

9. Rang:

Olympische Spiele, Tokio, Juli/August

Doha, 4* World Tour, März

2x Cancun, 4* World Tour, April

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